casa Tabarelli

Einfamilienhaus

Innenarchitektur

Sonstiges

Baujahr

Fertigstellung 2024

Zone

Überetsch

EPPAN a.d. W.

Bautyp

Neubau

Klimahaus Standard B

Architektur / Planung

Studio Walter Angonese mit Flaim Prünster Architekten

Arch. PRÜNSTER QUIRIN

Arch. FLAIM FRANCESCO

Arch Walter Angonese


Projektmitarbeiter:

João Nunes, PROAP Landscape Architecture

collaboratori architettura
Roberto Zanini, Martino Stelzer, Francesco Baggio, Jacopo Vantini

2012 verkaufte Laura Tabarelli de Fatis das Haus an den Unternehmer und Kunstsammler Josef Dalle Nogare. Dieser begann mit behutsamen Restaurierungen, obwohl das Gebäude nicht unter Denkmalschutz stand. Sergio Los wurde mit der Umgestaltung beauftragt, wobei sein Ansatz einen deutlichen Bruch zum Stil von Carlo Scarpa aufwies: Themen wie Bordüren wurden zwar aufgegriffen, aber die Materialwahl und Detaillierung folgen einer eigenständigen Sprache. 2018 entschied sich Josef Dalle Nogare die Casa Tabarelli auf dem Nachbargrundstück zu erweitern, um zusätzliche Nutzflächen für Kunstwerke, ein Schwimmbad und Technikräume zu schaffen. Das Projekt, unter der Leitung des Architekten Walter Angonese in Zusammenarbeit mit Flaim Prünster Architekten, bleibt der ursprünglichen Idee von Carlo Scarpa und Sergio Los verpflichtet und führt die räumliche Sequenzierung der Außen- und Innenräume in Anlehnung an das Pergola-System weiter. Ein ambivalenter, zeitgenössischer Zugang zu diesem typologischen Thema bietet eine Chance für ein wirkliches Weiterbauen: auf der einen Seite das Changieren von Raumbreiten und auf der anderen Seite, die - von den raumordnerischen Vorgaben konditionierte - landwirtschaftliche Nutzung wieder in den Vordergrund zu bringen. Gemeinsam mit dem portugiesischen Landschaftsarchitekten João Nunes entstand ein Konzept, das Reben, Streuobst und Hecken als prägende Elemente der Umgebung einbezieht. Die strengen baurechtlichen Vorgaben Südtirols führten zu einem überwiegend unterirdischen Bau, der sich harmonisch in die Topografie einfügt. Ein skulpturales Eingangstor und eine 70 Meter lange Stufenrampe verbinden die Landesstraße mit dem Hauptgebäude. Entlang der Rampe befindet sich eine site-specific Installation von Danh Vō, die den Übergangsraum mit einer musealen Atmosphäre auflädt. Mit einem skulptural ausgebildeten Eingangstor wird die neue Erschließung von der Landesstraße nach Girlan deklariert und die topografische Herausforderung des Höhenunterschiedes zwischen Straßenniveau und Bestandsgebäude thematisiert, der im Innenraum durch eine 70 m lange Stufenrampe überwunden wird, an der die meisten der Räumlichkeiten angebaut sind. Der erste Raum entlang dieser Rame ist die sogenannte Garage, welche zweierlei Funktionen erfüllt: Sie dient natürlich und selbstredend dem Parkieren, aber oft auch dem Verwahren von Kunstobjekten aus der Sammlung von Josef Dalle Nogare. Ein mit einer großzügigen Stahltreppe versehener Schacht bringt Licht und Luft in diesen Bereich des Gebäudes. Entlang der Stufenrampe ist eine „site-specific“ Installation von Danh Vō zu sehen, die sich bis zur dritten Verbindungstreppe, die direkt im Bestandsbau endet (im ehemaligen Heizraum), erstreckt. Sie verleiht diesem „Durchgangsraum“ einen musealen Charakter. Auf halber Höhe dieser Treppenrampe führt eine Tür sowohl ins Freie - nach oben zum Garten und Schwimmbad – als auch in einen Atelier- und Mehrzweckraum, der über einen abgesenkten Innenhof belichtet wird. Der wechselnde Marmorbelag der Außentreppen referenziert ein wiederkehrendes Gestaltungselement von Gio Ponti (Scala del Sapere im Palazzo Bo, Padova und Innentreppe der Villa Planchart, Caracas). Dies geschieht nicht um des Zitierens willen, sondern im Sinne einer semantisch-individuellen Besetzungsebene – Josef Dalle Nogare ist ein wichtiger Unternehmer der Marmorindustrie – der Architektur, wie sie in der Casa Tabarelli über die Designmöbel der Vorbesitzer passiert war. Das „Restlessen“ - ein Übernahme während des Entwurfs für die Verwendung der Marmorreste aus dem Betrieb - schafft auch formal eine zusätzliche Ebene des ansonsten reinen Betonbaus. Ein nicht einfacher Spagat war mit der Auswahl der Betonoberflächen zu lösen: Carlo Scarpa im Allgemeinen und hier auch mit Sergio Los verwenden – dem Zeitgeist der 1960er Jahre entsprechend – eine Bretterschalung, wie sie die am Bau tätigen italienischen Bauarbeiter kannten. Eine Imitation dieser Oberfläche – und indirekt der Architektursprache Carlo Scarpas – wurde ausgeschlossen. Man hat sich also für ein zeitgenössisches Oberflächenbild mit industriellen Großflächenschalungen entschieden. Es wurde bewusst kein „schöner“ Sichtbeton ausgeführt, sondern einer, der im Laufe der Zeit natürlich verwittern kann und den topografischen Charakter – in Anlehnung an Hangstützmauern - unterstreichen kann. Protagonist soll die „Casa Tabarelli“ bleiben. Man wollte einen Zustand des „Nicht-ganz-Fertigen“ erreichen, der Alterung und Besetzung genügend Raum gibt, um eine neue Präsenz zu manifestieren, die dennoch in zweiter Reihe bleibt. Dieser Ansatz wird auch in den site-specific Interventionen, die im Auftrag des Bauherren von den Künstler Marc Camille Chaimowicz, Danh Vō und Michael Kleine vorgenommen wurden, umgesetzt. Ganz bewusst ist kein „White Cube“ entstanden, sondern ein Ansatz des „unfinished“, der dem Neubau gegenüber einen Annäherungsprozess ermöglicht. Aus Respekt vor der Einzigartigkeit des Bestandes will man jedoch auch nicht mehr geben, als der neue Teil zu geben vermag.

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