Der Berg muss Mitautor dieses Projekts gewesen sein. Anders lässt sich die Passgenauigkeit des Werkes von Senoner Tammerle Architekten für das Schutzhaus Santnerpass auf 2734 Metern Höhe nicht erklären. Nur eine Harmonie zwischen Ort und Architektur, zwischen Berg und Architekten, konnte zur Verwirklichung dieses Wahrzeichens führen, das ikonisch ist, ohne sich selbst zu überhöhen, das präzise und doch reich an Lesarten ist. Die Form des Gebäudes ist ein Abbild des Berges, aber seine angedeutete Silhouette ist vielschichtig und spricht eine tiefgründige Sprache. Es ist ein Zelt, das man bewohnen kann; in das man eintritt, um Zuflucht zu finden, um geschützt zu sein und um der Weite der Landschaft Ausdruck zu verleihen. Das Zelt ist sicher und fest im Boden verankert, wie ein Zufluchtsort, der beherbergt und verteidigt. Die Fassade wird zur spiegelnden Oberfläche, die atmosphärische Veränderungen reflektiert und Nebel, Sonnenauf- und -untergänge ihre eigene Geschichte erzählen lässt, als wäre die Architektur ein Medium für zyklische Naturprozesse. Das Schutzhaus hat aber auch die Form eines Steins, der wie ein Splitter geometrisch präzise geformt ist. Unten öffnet es sich mit einem langen horizontalen Schnitt, der die Landschaft in ein einzigartiges Panorama verwandelt und sie dem Menschen näherbringt. Im Inneren wohnt man geborgen und von Holz umgeben. Mehrere Öffnungen geben den Blick in die umgebende Landschaft frei und schaffen so eine Verbindung zur Weite der Natur. Dieses symbolhafte Bauwerk zeigt uns, dass es beim Bauen in den Bergen nicht mehr nur darum geht, dem Menschen Schutz zu bieten, sondern einen Ort zu schaffen, an dem wir mit der Natur in Dialog treten können. Text von Arch. Filippo Bricolo, 2024
Auszeichnungen: Premio Architettura Città di Oderzo, XIX Edizione, 2025 “Schutzhaus Santnerpass” – Progetto segnalato BIG SEE Architecture Award 2024 “Schutzhaus Santnerpass 2.734m” – Winner & Grand Prix Wood-Architecture-Prize-2024 „Schutzhaus Santnerpass 2.734m” – Menzione speciale della giuria